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Theorie- und Praxisworkshop "Ullihunde" - Wege zur Freundschaft mit jagenden Hunden

Vor über zwei Jahren habe ich das Buch "Wege zur Freundschaft - eine Liebeserklärung an jagende Hunde" von Ulli Reichmann gelesen (ihre Bücher sind in unserer Link-Liste zu finden). Ich war damals an einem Punkt, an dem ich mich fragte: kann das so weitergehen mit unseren Hunden? Ewig in diese Hundeschulen rennen, auf Hundeplätze mit zig anderen Hunden, wo sich Inari und Santtu absolut nicht wohl fühlen? Andauernd einem Ideal-Bild hinterher rennen, wie unsere Hunde zu sein haben? Eine Methode nach der anderen ausprobieren um unsere Hunde unserer Gesellschaft anzupassen, so dass sie möglichst nicht auffallen? So wie es leider immer noch meistens allen Hundehaltenden suggeriert wird: dein Hund hat zu funktionieren? Mein Bauch sagte dazu schon lange: Nein! Aber man macht es doch so ... oder?

 

Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich das Buch beim ersten Mal innert einem Tag gelesen und an diesem Tag hat sich mein Blick auf unsere Hunde sozusagen geklärt. Ich habe aufgeatmet und es war auch der Tag, an dem ich aufhörte unsere Hunde zu trainieren und endlich anfing mit ihnen zu leben. Schritt für Schritt haben wir da unsere alten Wege verlassen und durften täglich Wundervolles entdecken. Ulli Reichmann hat mir mit ihrem eigenen Erfahrungsbericht den Blick auf das Wesentliche wieder klar gemacht, sie hat mir die Augen wieder dafür geöffnet, worum es eigentlich geht - nämlich um den Hund. Es geht um Inari und Santtu als eigenständige, individuelle Persönlichkeiten. Und es geht darum, dass ich in Freundschaft mit den beiden zusammenleben will und - ganz wichtig - dass ich das auch kann. Dass es nicht diesen Hundeschul-Drill braucht, meine Hunde keine Soldaten sein müssen und ich ihr Befehlshaber, dass sie nicht Sitz, Platz und Fuss können müssen, um brave Hunde zu sein.

 

Im Gegenteil, wenn man in Freundschaft mit seinem Hund zusammenleben will - was ja eigentlich jeder sagt, den man fragt, was ist dein Hund für dich? Antwort: mein (bester) Freund - dann muss man ihn auch wie einen Freund behandeln. Und einen Freund jage ich nicht im Befehlston von A nach B, ich verlange nicht sinnlose Übungen von ihm und ich behandle ihn nicht wie einen Untergebenen oder sogar wie einen Sklaven und ich dressiere ihn auch nicht und untergrabe somit seine Persönlichkeit. Nein, ich achte ihn! Was aber ganz am Anfang steht, um eine Freundschaft mit jemandem eingehen zu können, ist eindeutig: ich muss den anderen zuerst verstehen! Wenn also mein Hund mein Freund sein soll, muss ich lernen, ihn zu verstehen und er muss lernen, mich zu verstehen. Hunde machen das, permanent. Sie beobachten uns, lernen unsere Körpersprache einzuschätzen, unsere Emotionen, ja sogar unsere Sprache. Und wir? Machen wir das auch? Als allererstes muss ich lernen, meinen Hund zu verstehen, seine Sprache, seine Ausdrucksweise, seine Persönlichkeit kennenlernen. Und gleichzeitig muss ich lernen, seine Grundbedürfnisse zu erkennen und zu respektieren, zum Beispiel sein hohes Ruhe- und Schlafbedürfnis, sein Bedürfnis seine Nase zu gebrauchen, etc. Also kurz gesagt: was ist ein Hund und was möchte er gerne?

 

Danach folgt logischerweise in einer Freundschaft, dass man sich anfängt für die Interessen seines Freundes, in diesem Falle des Hundes, zu interessieren. Man achtet darauf, was er gerne macht. Man lässt sich seine Welt zeigen - von ihm. Man taucht ein und versucht die Welt einmal aus Hundeaugen zu betrachten. Man freut sich an seinen Interessen und bringt Verständnis auf dafür. Der Hund ist ein hochsoziales Lebewesen und wenn er merkt, wie sein Mensch seine Interessen mit ihm teilt, freudig mit ihm die Welt entdeckt und sich auf ihn einlässt, dann ist er gerne mit seinem Menschen unterwegs, gemeinsam mit ihm, nimmt ihn mit in seine Welt und ist der Freund für seinen Menschen, den der Mensch sich wünscht. Und plötzlich fügt sich so manches ...

 

Das ist eine sehr kurz gefasste Zusammenfassung vom Einstieg in die Philosophie von Ulli Reichmann. Es ist keine Methode, es ist eine Lebenseinstellung. Eine, die den Hund als vollwertiges und eigenständiges Lebewesen respektiert und die, für Hunde und Menschen gleichermassen, jeglichen Druck wegnimmt. An dieser Stelle lege ich euch gerne noch einmal die Bücher von Ulli Reichmann nahe - sie sind nicht nur ein Herzöffner sondern zeigen einem, wie einfach es sein kann, mit seinem Hund in Freundschaft zusammen zu leben.

 

Nun haben wir also endlich den Theorie- und Praxisworkshop zu diesen Büchern erleben dürfen. Marlen Maurer-Brandenberg von der Tschigi-School ist Verhaltenstherapeutin mit diversen Ausbildungen unter anderem bei NF, Turid Rugaas und Sheila Harper und sie ist zertifizierte Ullihunde-Trainerin. Vorallem aber ist sie ein Mensch mit viel Empathie und einem grossen Verständnis für Hunde und Menschen. Sie hat uns zwei Tage durch diesen Workshop geführt zusammen mit ihrer Assistentin Ina Hellmann und die beiden haben das grossartig gemacht. Es waren zwei fesselnde, spannende und intensive Tage. An dieser Stelle noch einmal ein ganz herzliches Dankeschön an Marlen und Ina!

 

 

 

 

Philippe und Inari am Praxisteil mit Marlen Maurer-Brandenberg (Tschigi- School)
Philippe und Inari am Praxisteil mit Marlen Maurer-Brandenberg (Tschigi- School)

Wir hatten jeweils am Vormittag Theorie und am Nachmittag Praxis mit den Hunden.

 

Die Inhalte der Therorie waren:

- Herkunft & Genetik der Hunde

- Jagdpassion

- Ullihunde-Philosophie ganzheitlich betrachtet

- Ulli's 6 Schritte auf dem Weg zur Freundschaft

 

Die Inhalte der Praxis waren:

- Jagdspaziergänge

- Persönliche Einschätzung des jeweiligen Hundes

- Leinenhandling mit unterschiedlich langen Schleppleinen

- Beobachtungen am eigenen Hund sowie an den Teilnehmerhunden

- Richtungswechsel & Handhoch-Spiele

 

 

 

Es waren 4 Hund-Menschteams an diesem Workshop, dieser kleine, eher familiäre Rahmen, war äusserst angenehm. Die Atmosphäre war locker, freundschaftlich und sehr offen. Wir haben miteinander über unsere Hunde gesprochen, Themen, welche uns beschäftigen, miteinander diskutiert und konnten dabei ehrlich und offen sein, ohne dass irgendjemand mit dem Finger auf einen gezeigt hätte. Es war mitunter sehr emotional, trotzdem konnte sich jeder wohl und angenommen fühlen. So eine Atmosphäre zu erschaffen, ist nicht selbstverständlich und hat diesen Workshop zu etwas Aussergewöhnlichem gemacht.

 

Yvonne, Philippe und Santtu am Praxisteil mit Marlen Maurer-Brandenberg (Tschigi-School)
Yvonne, Philippe und Santtu am Praxisteil mit Marlen Maurer-Brandenberg (Tschigi-School)

Wir wandeln mit unseren Hunden schon länger auf Ulli's Pfaden, sozusagen. Es war an der Zeit, dass wir das alles auch mal persönlich gezeigt bekamen. Es hat uns in dieser Hinsicht sehr viel gebracht, dass wir an Feinheiten arbeiten konnten. Damit meine ich vor allem, dass wir gelernt haben, was der korrekte Einsatz unserer Körpersprache und ein sehr detailgenaues Leinenhandling ausmachen können um gewisse Situationen zu meistern.

 

Marlen hat uns nun also gezeigt, wie wir unseren Hunden den Raum geben können, den sie benötigen, um eigenständig mit Situationen aller Art umgehen zu können. Wie wir sie dahingehend noch besser unterstützen können ohne Druck aufzubauen und sie noch mehr darin fördern, eigene Strategien zu entwickeln indem wir uns auch mit unserem Körper dementsprechend verhalten und es ihnen zeigen.

 

Im Kern sitzen immer die 6 Schritte von Ulli auf dem Weg zur Freundschaft. Viele Feinheiten gilt es zu beachten, den Hund genau zu beobachten und richtig auf ihn einzugehen. Seine Interessen wahrzunehmen, zu respektieren und ihm gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, sich einem selbst anzuschliessen, weil man so nämlich ein echt cooler Freund seines Hundes ist und der Hund sehr gerne mit einem gemeinsam entdecken geht.

 

Wir haben in Marlen's Zauberwald Jagdspaziergänge gemacht und einfach mal geschaut, wofür sich unsere Hunde interessieren. Marlen hat uns geholfen, diese Interessen richtig wahrzunehmen und gezielt zu fördern um dem Hund zu zeigen, dass er das gemeinsam mit uns tun kann. Zu diesen Jagdspaziergängen muss man vielleicht noch sagen: dabei werden keine anderen Tiere belästigt, die Hunde sind immer an der Leine und zum Jagen gehört weit mehr als das Hetzen. (Wer's genau wissen will, es steht alles in Ullis Bücher beschrieben)

 

Wir haben auf einer Wiese Richtungswechsel und Handhoch-Spiele gemacht. Sehr gute Hilfsmittel um mit dem Hund in Verbindung zu bleiben und um gemeinsam unterwegs zu sein und die dem Hund Spass machen - und nicht nur dem Hund :-)

 

Wir haben verschiedene Leinenlängen ausprobiert und feststellen dürfen, dass die Länge je nach Hund sehr entscheidend ist, um ihm die bestmögliche Unterstützung zu geben. Und wir wurden nochmals im Leinenhandling geschult, damit die Leine eine Herz-zu-Herz Verbindung ist zwischen Hund und Mensch, welche beiden Sicherheit bietet und kein einschränkendes Kontrollorgan. So dass sich Hund und Mensch mit Leine frei fühlen können.

 

Es war äusserst spannend, dass wir sofortige Veränderungen erlebt haben, wenn wir uns richtig bewegen und den Hunden mit unserem ganzen Sein signalisieren, dass wir da sind und sie sich auf uns verlassen können. Wir spürten eine noch stärkere Verbindung, ein noch tieferes Verständnis und ein grösseres Miteinander von beiden Seiten.

 

Ich kann hier nicht ins Detail gehen, es würde den Rahmen sprengen. Zudem gibt es für Vieles, was wir erlebt haben, einfach keine Worte - man muss es erlebt haben! Aber vielleicht hab ich den einen oder anderen mit diesem Bericht "gwundrig" gemacht, vielleicht möchte der eine oder andere etwas mehr darüber wissen und vielleicht wandelt in Zukunft ja das eine oder andere Hund-Mensch Team mehr auf freundschaftlichen Pfaden. Auf Pfaden, auf denen Drill und unbedingter Gehorsam, Druck und Strafe, Dressur und Ignoranz nichts zu suchen haben, dafür aber Verständnis und Respekt, Individualität und Annehmen, Liebe und Freundschaft! Es ist ein Workshop, der individuell und familiär ist, Marlen bereitet sich dermassen gut vor, dass sie ganz genau auf jedes Hund-Mensch Team eingehen kann und sie hat die Gabe, den Menschen dort abzuholen, wo er steht und mit ihm gemeinsam ein Stück des Weges zu gehen um ihn dann mit mehr Erkenntnis weitergehen zu lassen. Auch fördert sie die Authentizität eines jeden, was im Zusammenleben mit Hunden äusserst wichtig ist.

 

 

 

 

Für uns war es ein wortwörtlich erhellendes, intensives und wundervolles Erlebnis! Wir haben ganz viel mitnehmen können und sind dankbar, dass es Menschen gibt, die sich ehrlich für das Wesen Hund interessieren und sich demenentsprechendes Wissen aneignen und dies all den Hundehaltenden da draussen zur Verfügung stellen.

 

Abschliessend möchte ich sagen, dass es mir persönlich wahnsinnig viel Freude gemacht hat mit unserer ganzen Gruppe, mich mit ihnen auszutauschen, gemeinsam die Veränderungen bei uns und unseren Hunden zu erleben und miteinander zu weinen und zu lachen :-)

 

Vielen herzlichen Dank noch einmal für die super Organisation und Durchführung an Marlen und Ina und ein ebenso herzliches Dankeschön an meinen Mann Philippe, der gemeinsam mit mir den Weg in Freundschaft mit unseren Hunden geht, an unsere Hunde Inari und Santtu, die dieses aussergewöhnliche Wochenende total gut gemeistert haben und an unsere Workshop-Partner Sylvia mit Rilla und Heike und Holger mit Mylo! Es hat Spass gemacht mit euch!

 

Wen ich an dieser Stelle auch nicht vergessen möchte, ist unsere Trainerin, Michèle Roncaglioni (Sirius-Hundeschule)! Danke, dass du uns begleitest und uns auf diesen Workshop "gluschtig" gemacht hast :-)

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Kommentare: 2
  • #1

    Gerti (Dienstag, 09 Oktober 2018 23:45)

    Vielen herzlichen Dank für Deine interessanten Ausführungen über dieses ausserordentliche Workshop und ich hoffe gerne, dass Du mit Deinem Wissen und Deiner Einstellung noch viele andere Hundehalter begeistern und animieren kannst, den etwas anderen Umgang mit unseren Hunden zu erlernen, daran zu glauben und zu erleben.

  • #2

    Fuchs Reinhard (Mittwoch, 10 Oktober 2018 10:06)

    Ein Super - Bericht der für sich selber spricht.
    Toll das deine Hunde ein Leben führen dürfen, wie es sich
    für gute Freunde gehört !
    Wäre schön wenn Hundehalter das auch so sehen !

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