Konrad Lorenz
Braucht mein Hund Sozialkontakte?
Der Hund ist ein hochsoziales Lebewesen - also JA! Sei dir dabei bewusst, dass du der wichtigste Sozialkontakt im Leben deines Hundes bist.
Sollen wir nun also möglichst oft, möglichst gut besuchte Hundewiesen aufsuchen? Soll unser Hund also möglichst jedem anderen Hund, dem wir begegnen Hallo sagen oder gar mit ihm spielen?
Überlegen wir uns mal, wie das denn die wild lebenden Hunde machen. Sie leben in einem familiären Verband. Untereinander pflegen sie regen Sozialkontakt, sie jagen zusammen, liegen im Kontakt, betreiben gegenseitige Pflege, Erwachsene spielen mit Welpen etc. Mit fremden Hunden jedoch, sieht man sie eigentlich nicht. Fremde Artgenossen werden mit Vorsicht begutachtet, meistens vertrieben und nicht toleriert, oder die Aussenstehenden nähern sich erst gar nicht.
Nun ist unsere Frage zum Teil schon beantwortet. Zwingen wir unseren Hund also auf der gut besuchten Hundewiese zum Kontakt mit vielen fremden Hunden, wird er sich kaum wohlfühlen. Muss er jedem Hund auf dem Spaziergang Hallo sagen, darf jeder fremde Hund zu ihm kommen, so wird er in eine Stresssituation nach der anderen gezwängt und wenn er dabei vielleicht sogar noch an einer kurzen Leine ist, kann er sich nicht einmal entsprechend hündisch verhalten und seinem Gegenüber die eigene Gefühlslage zeigen.
Sozialkontakt ist wünschenswert, aber bitte nur mit ausgewählten, freundlichen, in sich ruhenden Hunden, die einen guten Umgang pflegen. Das Kennenlernen sollte immer in ruhigem Rahmen, entspannt für alle und mit Respekt verlaufen. Schau dir deinen Hund genau an, wie fühlt er sich dabei, ist ihm wohl, ist er entspannt oder zeigt er vielleicht, dass es ihm zu viel ist, er nicht weiss, wie er mit der Situation umgehen soll oder ist er gar ängstlich? Stehe deinem Hund auch hier zur Seite, respektiere seine Wünsche und getraue dich auch mal zu sagen: mein Hund möchte keinen Kontakt, wenn du siehst, dass dem so ist. Wenn dein Hund an der Leine geht, bewahre ihm seine Individualdistanz, lasse fremde Hunde nicht zu ihm kommen. Du staunst vielleicht, wenn wir dir sagen, dass es sehr viele Hunde nicht mögen, sich mit fremden Hunden abzugeben, dass es sehr vielen dabei nicht wohl ist. Und wenn man das nicht berücksichtigt, können viele unschöne Dinge entstehen, wie zum Beispiel Leinenaggression, Unsicherheit, erhöhte Ausschüttung von Stresshormonen, die sich unter Umständen nicht mehr so schnell regulieren können, was dann wiederum zu gesundheitlichen Problemen führen kann, Vertrauensverlust in dich, wenn du ihn, ohne einzugreifen, Situationen aussetzt, denen er sich nicht gewachsen fühlt, und und und.
Vergiss nicht: der wichtigste Sozialkontakt für deinen Hund bist du, seine Familie, das ist das höchste Gut für jeden Hund. Alles andere ist sozusagen Beilage.
Ein sehr empfehlenswertes Buch in Bezug auf die Körpersprache des Hundes ist "Calming Signals - Beschwichtigungssignale der Hunde" von Turid Rugaas, in dem sehr anschaulich beschrieben wird, wie Hunde kommunizieren und wieso diese Beschwichtigungssignale so wichtig sind. Dieses Buch sollte ausnahmslos jeder Hundehalter gelesen haben.